
Die 35te Bundesliga Saison im Jahre 1997/98 war eine ganz besondere. Das erste und bisher einzige Mal in der Geschichte des deutschen Fussballs gewann eine Mannschaft die deutsche Meisterschaft, die als Aufsteiger aus der zweiten Bundesliga an der Saison teilnahm. Ein solches Märchen ist heutzutage nahezu undenkbar, und doch geschah es vor gerade einmal etwas mehr als 20 Jahren. Grund genug, einen Blick zurück in den deutschen Fussball in den 1990er Jahren zu werfen.
Der Abstieg 1996
Zu Beginn der 90er Jahre war Kaiserslautern ein Topklub im deutschen Fussball. In der Saison 1990/91 wurde man unter Karl-Heinz Feldkamp deutscher Meister. Einem fünften Platz in der darauffolgenden Saison folgte ein achter Platz unter Rainer Zobel in der Saison 1992/93. Daraufhin übernahm Friedel Rausch die Mannschaft und erreichte eine Vizemeisterschaft in der Saison 1993/94 und einen vierten Platz in der 1994/95 Saison.
Kaiserslautern hatte sich also als einer der besten Vereine im deutschen Fussball einen Platz in der oberen Tabellenhälfte zementiert. In der 1995/96 Saison kam dann der Schock unter Trainer Eckhard Krautzun, als man nur 6 Siege holte und mit 18 Unentschieden und 10 Niederlagen nur Rang 16 belegte. Es folgte also der bittere Gang in die zweite Bundesliga. Ironischerweise gewann Kaiserslautern in der Saison den DFB Pokal mit einem 1:0 Sieg über den Karlsruher SC im Pokalfinale. Bis dahin war Kaiserslautern als Gründungsmitglied der Bundesliga nie abgestiegen und somit immer vertreten gewesen.
Vor der 1995/96 Saison hatten Ciriaco Sforza und Stefan Kuntz Kaiserslautern verlassen. Doch das alleine machte niemandem Sorge, da man felsenfest davon überzeugt war, trotzdem eine starke Mannschaft aufzubieten. Sieht man sich die Ergebnisse im Detail an, so fällt auf, dass die Masse an Unentschieden Kaiserslautern das Genick gebrochen hat. Viele Spiele mit unglücklichen Gegentoren kurz vor Schluss sorgten für unnötige Punktverluste.
In Kaiserslautern hatte man aber trotzdem lange Zeit genug Zuversicht. Andreas Brehme, Weltmeister von 1990 und damals Spieler von Kaiserslautern, sagt in einem Interview mit der deutschen Zeitschrift „der Spiegel“, dass das Umfeld bis zuletzt sicher war, dass Kaiserslautern nicht absteigen werde. Laut Andreas Brehme habe dies ebenso eine Rolle gespielt, wie die vielen unnötigen Gegentore kurz vor Schluss. Zudem sei der Rasen am Betzenberg in keinem guten Zustand gewesen, was den technisch starken Lauteren nicht entgegen kam.
Am letzten Spieltag gab es dann trotzdem die Chance, den Abstieg in einem direkten Duell zu verhindern. Kaiserslautern spielte gegen Leverkusen, und mit einem Sieg wäre Kaiserslautern in der Bundesliga geblieben. Andreas Brehme erzählt, dass die Mannschaft das Spiel so angegangen sei, als ob es um die Meisterschaft ging. Kaiserslautern machte ein sehr gutes Spiel und führte lange mit 1:0.
Doch kurz vor Ende kassierte man wieder den Ausgleich, und Leverkusen blieb in der Bundesliga. Während der Weltmeister von 1990 Andreas Brehme also mit Kaiserslautern abstieg, blieb ein anderer Weltmeister, Rudi Völler, mit Leverkusen der Bundesliga erhalten. Auch das spiegelt die Bundesliga in den 1990er Jahren wider. Mit Kaiserslautern, Bayern München, Borussia Dortmund, VFB Stuttgart und Werder Bremen gab es in dem Jahrzehnt zudem ganze fünf Meister, was auch darlegt, wie kompetitiv die Liga damals war.
Der Wiederaufstieg 1997 Und Die Meisterschaft 1998
Nach dem Abstieg zerfiel das Team nicht. Normalerweise ist es heutzutage üblich, dass die Topspieler einen Klub nach einem Abstieg verlassen. Bei Kaiserslautern war dies nicht der Fall. Im Gegenteil fühlten sich die Spieler verantwortlich für die schwache Vorsaison und wollten ihren Fehler wieder gut machen. Aus diesem Grund blieb das Team größtenteils beisammen und trat in der zweiten Bundesliga mit einer Mannschaft an, die oberes Bundesliga Niveau verkörperte. Ein wichtiger Faktor war außerdem die Verpflichtung von Trainer Otto Rehhagel.
Dieser hatte zwar bei Bayern München eher mäßigen Erfolg, war aber zuvor mit Werder Bremen sehr erfolgreich. Otto Rehhagel sollte rückblickend als Legende des deutschen Fussballs in die Annalen eingehen. Er schaffte es, die Mannschaft wieder zu einer Einheit zu formen, bei der jeder an einem Strang zieht. Unter Otto Rehhagel spielte Kaiserslautern wieder deutlich besseren Fussball und schaffte den Wiederaufstieg souverän. Mit den Neuverpflichtungen Michael Ballack, Marian Hristov, Andreas Buck und der Rückkehr von Ciriaco Sforza wurde die Mannschaft adäquat verstärkt.
Am ersten Spieltag besiegte Kaiserslautern den FC Bayern München mit 1:0. Zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand, dass dies ein Duell um die deutsche Meisterschaft sein würde. Kaiserslautern holte gerade zu Beginn der Saison viele wichtige Punkte und setzte sich am vierten Spieltag an die Tabellenspitze. Dort verharrte das Team bis zum Ende der Saison, stets einige Punkte vor dem FC Bayern München.
Der Auftakt der Rückrunde wurde wieder gegen den FC Bayern München ausgetragen, und auf dem heimischen Betzenberg konnte Kaiserslautern Bayern München ein weiteres Mal besiegen, dieses Mal mit 2:0. Nun glaubte jeder an die Meisterschaft, doch eine 0:3 Niederlage gegen Bayer Leverkusen und drei Unentschieden in Folge ließen noch einmal Spannung aufkommen. Spätestens mit einem 3:2 über Borussia Mönchengladbach nach einem 2:0 Rückstand sowie mit einem 4:0 Sieg über den VFL Wolfsburg war die Meisterschaft dann aber doch in trockenen Tüchern. Kaiserslautern hatte die Sensation geschafft und mehr als 100.000 Fans feierten mit der Mannschaft zusammen auf der Meisterfeier.
Der Star der Mannschaft war zweifelsohne Olaf Marschall, der ganze 21 Saisontore erzielte. Allerdings ist es nicht fair, Olaf Marschall so hervorzuheben, ohne die fantastische Mannschaftsleistung zu würdigen. Außerdem muss gesagt werden, dass Kaiserslautern eine Vielzahl an starken Spielern im Kader hatte.
Torhüter Andreas Reinke, Miroslav Kadlec, Michael Schönberg, Harry Koch, Axel Roos, Ciriaco Sforza, Andreas Buck, Martin Wagner, Ratinho, Marian Hristov, Michael Ballack, Marco Reich, Jürgen Rische oder Pavel Kuka, sie alle verdienen höchste Anerkennung. Auch Andreas Brehme war Teil der Mannschaft. Ursprünglich hatte er 1996 seine Karriere beenden wollen, doch da er nicht als Absteiger zurücktreten wollte, hängte er nochmal zwei Jahre ran. In der Meistersaison 1998 macht er nur fünf Spiele, war jedoch mit seiner grenzenlosen Erfahrung Gold wert in der Kabine.
Denkt man an die damalige Mannschaft zurück, so wird jedem Fussballfan wehmütig um Herz, da Kaiserslautern aktuell nicht in der Bundesliga vertreten ist. Besonders die Stimmung auf dem Betzenberg war ein absolutes Highlight. Das Märchen von 1998 dürfte jedoch bis in alle Ewigkeit einzigartig bleiben.